ARBEITSGESETZBUCH - wichtige Novelle - Zusammenfassung

31.07.2020

 

 

ARBEITSGESETZBUCH - wichtige Novelle - Zusammenfassung

Nach mehreren Jahren der Vorbereitung wurde vom Parlament der Tschechischen Republik die umfangreichere Novelle des Gesetzes Nr. 262/2006 GBl., Arbeitsgesetzbuch, in der Fassung späterer Vorschriften, verabschiedet. Die Novelle hat die Nr. 285/2020 GBl. und tritt in zwei Phasen in Kraft: am 30. Juli 2020 und am 1. Januar 2021.

 

Nachfolgend haben wir das Wesentliche zusammengefasst.  

Inkrafttreten ab 30.07.2020:

 

  1. 1.  Zustellung von Schriftstücken  

Die Änderungen betreffen die Zustellung von wichtigen Schriftstücken, welche dem Arbeitnehmer eigenhändig zuzustellen sind. Die bestehenden Bedingungen waren in der Praxis sehr schwer erfüllbar, wenn eine persönliche Zustellung nicht erfolgreich war, zu deren Versuch ein Arbeitgeber außerdem zuerst nachweislich verpflichtet ist. 

 

Neu muss ein Arbeitgeber nur am Arbeitsplatz einen persönlichen Zustellungsversuch vornehmen, danach gelten die weiteren, einander gleichgestellten Zustellungsarten. Neben der persönlichen Zustellung und der Zustellung über Postdienstleister oder über elektronische Kommunikationsnetze/-dienste ist neu die Zustellungsmöglichkeit über das elektronische Datenpostfach hinzugekommen, welcher ein Arbeitnehmer jedoch ausdrücklich zustimmen muss.

 

Für die Zustellung über Postdienstleister wird die Aufbewahrungszeit für Schriftstücke in 15 Kalendertage (von bisher 10 Werktagen) geändert, wodurch es zur Vereinheitlichung mit den Postbedingungen der Tschechischen Post, dem größten Postdienstleister auf dem Territorium der Tschechischen Republik kommt. Dadurch entfällt auch die Pflicht des Postzustellers, einen schriftlichen Vermerk über die erfolgte Belehrung bezüglich der Folgen bei Annahmeverweigerung eines Schriftstücks zu erstellen. Der Versand des Schriftstücks erfolgt an die letzte Adresse, welche der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt hat (bisher an die letzte Adresse, die dem Arbeitgeber bekannt war).

 

Dadurch entfallen die Haupthindernisse, welche die rechtlich wirksame Zustellung eines Schriftstücks an einen Arbeitnehmer manchmal verhindert haben. Dies hat vor allem die Fälle kompliziert, wo es sich um die Zustellung eines Schriftstücks bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehandelt hat. 

Die neue Regelung betrifft auch die Zustellung von Schriftstücken von Arbeitnehmern an den Arbeitgeber. Es wird eine fiktive Zustellung für die Fälle eingeführt, wo ein Arbeitgeber die Zustellung eines Schriftstücks verhindert bzw. die Annahme eines Schriftstücks verweigert. Mit Zustimmung des Arbeitgebers können auch diesem Schriftstücke über das elektronische Datenpostfach zugestellt werden.

 

 

 

  1. 2.  Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsrechtsverhältnissen 

 

Der rechtlichen Regelung liegt die Richtlinie 2001/23/EG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen
der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder
Betriebsteilen zugrunde. Die bisherige tschechische Konzeption im Arbeitsgesetzbuch, einschließlich der nationalen Rechtsprechung, war jedoch ziemlich breit aufgestellt und betrifft die meisten In-/Outsourcingfälle bzw. einfachen Lieferantenänderungen. Aus diesem Grund hat das Ziel der Novelle in einer diesbezüglichen Präzisierung und Korrektion, einschließlich im Einklang mit der SDEU-Rechtsprechung, bestanden. 

 

Neu müssen für den Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsrechtsverhältnissenbei der kompletten oder teilweisen Übertragung einer Tätigkeit kumulativ folgende Bedingungen erfüllt sein:

 

-       die Verrichtung der Tätigkeit erfolgt nach der Übertragung auf gleiche oder analoge Weise und Umfang,

-       die Tätigkeit besteht nicht komplett oder überwiegend in der Warenlieferung,

-       unmittelbar vor der Übertragung gibt es ein Team (Gruppe) von Arbeitnehmern, welches vom Arbeitgeber bewusst zur ausschließlichen oder überwiegenden Tätigkeitsverrichtung aufgestellt wurde,

-       die Tätigkeit ist nicht als kurzfristige Tätigkeit beabsichtigt und soll nicht in einer einmaligen Aufgabe bestehen und

-       es wird Vermögen oder das Recht auf dessen Nutzung übertragen, wenn dieses Vermögen in Bezug auf den Tätigkeitscharakter zur Verrichtung der Tätigkeit wesentlich ist oder es wird ein wesentlicher Teil der Arbeitnehmer übernommen, die der bisherige Arbeitgeber zur Verrichtung der Tätigkeit eingesetzt hat, sofern diese Tätigkeit im Wesentlichen nur von den Arbeitnehmern, nicht jedoch vom Vermögen abhängig ist.

 

Diese Bedingungen finden keine Anwendung, wenn es sich um eine Übertragung entsprechend einem anderen Gesetz handelt, wo die fiktive Übertragung einer Arbeitgebertätigkeit direkt festgelegt ist (z. B. bei einer Verschmelzung oder einem Betriebskauf).

 

Gleichzeitig wurde das Kündigungsrecht eines Arbeitnehmers gegenüber einem Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsrechtsverhältnissen geändert - konkret in Bezug auf die Fristen, innerhalb derer eine derartige Kündigung zu erfolgen hat sowie in Bezug auf die Festlegung des Zeitraums, wo ein Arbeitsverhältnis auf diese Weise endet. Neu unterscheidet sich diese rechtliche Regelung je nachdem, ob ein Arbeitnehmer fristgerecht über den Übergang informiert wurde oder nicht.

 

  1. 3.  Abberufung eines Arbeitnehmers von einer leitenden Arbeitsposition

 

Mit der Novelle wird auf die durch die Gesetzgebung einbezogene extensive Interpretation in Bezug auf den Möglichkeitsbereich reagiert, einen Arbeitnehmer von einer leitenden Position abzuberufen. Vom Höchsten Gericht der Tschechischen Republik wurde nämlich in der Vergangenheit ausgeführt, dass mit jedem leitenden Mitarbeiter eine Vereinbarung über Abberufbarkeit möglich ist. Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert, sowie ausdrücklich definiert, um welche leitenden Positionen es sich im Rahmen der Arbeitgeberhierarchie handeln muss, damit eine Abberufung solcher leitenden Mitarbeiter möglich ist.

 

  1. 4.  Fristen

 

Die bisherige subsidiäre Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Suspendierung / Verlängerung der Fristen für Arbeitsrechtsverhältnisse hat sich als sehr unzutreffend erwiesen. Aus diesem Grund wird durch die Novelle separate Bestimmung für Arbeitsrechtsverhältnisse aufgenommen.

 

Der Friststopp aufgrund eines Hindernisses hat keine Auswirkungen auf die ursprüngliche Fristlänge und nur, wenn nach dem Wegfall des Hindernisses weniger als 5 Tage bis zum Fristablauf verbleiben, endet die Frist nicht früher als innerhalb von 10 Tagen ab dem Tag, wo sie erneut zu laufen beginnt.

 

  1. 5.  Entsendung von Arbeitnehmern bei der internationalen Erbringung von Dienstleistungen

 

Die Ergänzung im Arbeitsgesetzbuch transponiert die Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen. Es wird der Bereich der vergleichbaren Bedingungen erweitert, welche für Arbeitnehmer auf dem Territorium der Tschechischen Republik gewährleistet sein müssen. Gleichzeitig wird eine neue Bestimmung aufgenommen, welche an sog. langfristige Entsendungsfälle erinnert, die 12 Monate übersteigen; neben der Verankerung des zusätzlichen Schutzes dieser Arbeitnehmer ist mit einer derartigen Situation auch die Pflicht verbunden, diese Verlängerung in Form einer begründeten Mitteilung der örtlichen Dienststelle des Arbeitsamts der Tschechischen Republik anzuzeigen.

 

Im Zusammenhang mit der Transposition der Richtlinie wird an das sog. Double Posting erinnert, wo es zur Entsendung eines Arbeitnehmers einer Arbeitsagentur kommt. In einem derartigen Fall ist der Benutzer verpflichtet, die Arbeitsagentur im zeitlich ausreichenden Vorlauf darüber zu informieren, dass deren Arbeitnehmer im Rahmen der internationalen Erbringung von Dienstleistungen zur Arbeitsverrichtung auf das Territorium eines anderen Mitgliedsstaats der Europäischen Union entsandt wird.

  1. 6.  Arbeitsbescheinigung

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung bei Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung über Durchführung der Arbeit besteht nur noch in den Fällen, wo dem Arbeitnehmer aufgrund dieser Vereinbarung über Durchführung der Arbeit eine Teilnahme an der Krankenversicherung entstanden ist oder wo aufgrund einer Zwangsvollstreckung Lohnabzüge durchgeführt wurden.

 

Inkrafttreten ab 01.01.2021:

  1. 1.  Urlaub

Die Urlaubsproblematik wird als wichtigste konzeptionelle Änderung der gesamten Novelle präsentiert. Als Einheit zur Urlaubsberechnung werden Stunden festgelegt, obwohl bei der Urlaubsinanspruchnahme auch weiterhin von Tagen bzw. Wochen ausgegangen wird. Die Änderung soll auch für Arbeitnehmer mit ungleichmäßiger Arbeitszeitverteilung, mit unterschiedlicher Schichtlänge oder für Arbeitnehmer, die nur einen Teil des Kalenderjahres bzw. verkürzt arbeiten, zum gerechteren Urlaubsumfang führen.

 

Die Festlegung der Urlaubslänge erfolgt in der Form, dass sich für einen Arbeitnehmer für jede wochenweise (stundenweise) Beschäftigung, zu der er sich verpflichtet und die er geleistet hat, das Recht auf 1/52 Urlaub pro Kalenderjahr ergibt. Bisher war die bestimmende Einheit zur Berechnung eine Schicht / ein Werktag, nunmehr sind es Stunden.

 

Eine Urlaubskürzung gilt neu nur für unentschuldigte Abwesenheit, wobei die Anzahl der Urlaubsstunden maximal um die Stunden gekürzt werden kann, welche der Stundenanzahl der unentschuldigten Abwesenheit entspricht. Gegenüber der bisherigen Regelung kommt es hier zu einer Lockerung zugunsten der Arbeitnehmer.

 

In Bezug auf Arbeitsverhinderungen ist neu definiert, welche Arbeitsverhinderungen als Arbeitsverrichtung angerechnet werden, in welchem maximalen Umfang diese angerechnet werden können und wie hoch die gearbeitete Mindestzeit ist, damit deren Anrechnung zulässig ist.

 

  1. 2.  Gemeinsam genutzter Arbeitsstelle

 

Eine gemeinsam genutzte Arbeitsstelle wird als Arbeitsstelle mit zwei oder mehreren Arbeitnehmern mit verkürzter Arbeitszeit und mit der gleichen Art der Arbeitstätigkeit definiert, mit denen der Arbeitgeber eine Vereinbarung bezüglich einer derartigen Arbeitsstelle abgeschlossen hat. Diese Arbeitnehmer teilen ihre Arbeitszeit untereinander absprachegemäß selbst auf. Für eine derartige Arbeitszeitaufteilung sind im Arbeitsgesetzbuch nur Rahmenregeln festgelegt. Des Weiteren ist im Arbeitsgesetzbuch auch die Möglichkeit zur Beendigung der Verpflichtung aus der Vereinbarung über eine gemeinsam genutzte Arbeitsstelle geregelt. 

Im Gesetz handelt es sich um ein komplett neues Institut, das jedoch von vielen Unternehmen in analoger Form bereits praktiziert wurde. Dies bedeutet unter anderem, dass ihnen diese eigens entwickelte Praxis nunmehr durch den gesetzlichen Rahmen erschwert werden kann.

 

  1. 3.  Arbeitsunfall- und Berufskrankheitsentschädigungen

 

Zu den Erstattungsarten bei Entschädigung wird zusätzlich neu die Einmalerstattung für einen immateriellen Schaden bei einer besonders schweren körperlichen Verletzung eines Arbeitnehmers aufgenommen. Gleichzeitig wird der Personenkreis definiert, der das Recht auf diese Erstattung hat.

 

Des Weiteren wird anstelle der fest festgelegten Beträge bei einer Einmalentschädigung von Hinterbliebenen (hier wird auch der berechtigte Personenkreis erweitert) und Erstattung der angemessenen Kosten im Zusammenhang mit dem Begräbnis auch ein Betragserhöhungsmechanismus eingeführt, der an ein bestimmtes Vielfaches des Lohns in der nationalen Wirtschaft gebunden ist, das für den festgelegten Zeitraum ermittelt wurde.

 

  1. 4.  Arbeitsbefreiung zum Ausüben einer Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen

 

Im Rahmen der Erfüllung der festgelegten Bedingungen ist ein Arbeitgeber verpflichtet, einem Arbeitnehmer eine bezahlte Arbeitsbefreiung (höchstens eine bezahlte Woche im Kalenderjahr) zur Verrichtung einer Tätigkeit in Kinder- und Jugendferienlagern zu gewähren. Neben Ferienlagern wird diese Art der Arbeitsbefreiung auch auf analoge Tätigkeiten in Kinder- und Jugendtrainingslagern ausgeweitert. Belegt ein Arbeitgeber, dass die Bedingungen erfüllt sind, ist er berechtigt, bei der örtlich zuständigen Bezirkssozialversicherungsverwaltung die Zahlung der gewährten Lohnersatzzahlung zu beantragen.

 

Die vorgenannten Punkte stellen nur die wichtigsten ausgewählten Änderungen der Arbeitsgesetzesbuchnovelle dar. Außer dem Punkt, dass die Novelle vor allem auf die Anforderungen der Praxis, die nationale Rechtsprechung sowie auf die EU-Vorschriften reagiert, enthält sie auch viele gesetzlich-technische und terminologische Präzisierungen der Gesetzesfassung.

 

Ansprechpartnerin für weitere Informationen:

 

Andrea Krásná, Partnerin
krasna@baroch-sobota.cz